Sonntag, 28. August 2011

Glaube und Buße 1

Aus einer alten Schrift von Fritz Binde


Ohne Zweifel haben die meisten, die sich für »gläubig« halten, diesen ichstürzenden Bußgang gar nicht wirklich erlebt.

Es ist ihnen gar nie eingefallen, sich so grundstürzend zu vereinen, so ihr Eigenleben auf- und preiszugeben. Nie haben sie dies eigene Leben wirklich gehaßt, um es zu verwerfen (Luk. 14, 26).

Wohl haben sie vielleicht diese oder jene äußere Lebensgewohnheit aufgegeben, dieses oder jenes vom eigenen Lebensgut dran- und hingegeben, aber sich selbst haben sie nie auf- noch drangegeben, noch nicht einmal theoretisch-grundsätzlich!

Nein, fest und ichverliebt, ehrfürchtig und ichempfindlich sind sie eins geblieben mit sich selber! Und dennoch geben sie an zu glauben!

Ihr Glaube ist aber auch danach. Höre, so tief wie deine Buße geht, so hoch geht dein Glaube. So weit du noch mit dir rechnest, so weit bist du noch ferne davon, mit Gott zu rechnen. So weit du noch deiner Eigenweisheit vertraust, so fern bist du noch der Erlangung der Gottesweisheit. So sehr du noch eins bist mit den windigen, gefühlsseligen oder gefühlsunseligen Stimmungen, Begehren und Launen deines eigenen Herzens, so weit bist du noch entzweit mit dem unwandelbaren Erbarmen der Güte des Herzens Gottes.

So viel du noch im eigenen Können und Tun wurzelst, so wenig ist noch Raum in dir für das Tun Gottes, und so wenig kann noch Christus wurzeln durch den Glauben in deinem Herzen. Sitze in allen sogenannten Gottesdiensten, beteilige dich mit Einsetzung all deiner religiösen Ichkräfte an aller sogenannten Reichsgottesarbeit, weise hin auf all die erfolgreichen Taten deiner frommen Ichentfaltung, du wirst durch alles dieses nur deinen Glauben an dich selber betätigen und bestätigen, aber das Geheimnis des Glaubens, von dem der Apostel redet, wohnt nicht in dir; denn du bist nie durch die enge Pforte der ichstürzenden, biblischen Buße hindurchgegangen. Und wenn du dich gleich an alles Mögliche hingegeben hast, so hast du doch nie dein Leben dabei verloren.

Wo aber die rechtschaffene Frucht der biblischen Buße offenbar wird, da ist diese bereits eingehüllt in das Geheimnis des Glaubens. Wer in solcher echten Buße aufhört an sich zu glauben, kann dies nur, weil er bereits insgeheim den neuen und unvergleichlich größeren Glaubenshalt an Gott in Christus gewonnen hat. Biblische Selbstverneinung schließt allemal in sich ein die biblische Gottes- und Christusbejahung.

Wer wirklich an sich selber verzweifelt, muß entweder durch eigene Hand sein Leben als Selbstmörder wegwerfen oder es an Gott in Christus verlieren, um im Glauben das neue große Gottesleben zu gewinnen; ein entleertes Leben kann nicht mehr in sich selber stehen. In diesem Sinne ist die Bekehrung nichts anderes als die mit der Buße verbundene notgedrungene Abkehr von uns selbst und ebenso notgedrungene Hinkehr zu Gott in dem Mittler Jesus Christus. Dabei gibt es keine andere Möglichkeit mehr als die des Glaubens.

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