Donnerstag, 24. März 2011

Katholische Heilige

Irgend wann schreib ich mal warum die mich beschäftigen und warum ich trotzdem von ganzem Herzen evangelisch bin. ;-)

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2.  These 1: Salesianische Pädagogik gründet in der Gottesliebe und zielt darauf hin

Egal, mit welchem Thema sich jemand bei Franz von Sales beschäftigt, er wird immer wieder zu dem Schluss kommen, dass die Grundlage und das Ziel für alles Denken und Handeln bei diesem Heiligen die Gottesliebe war. Angela Hämel-Stier schrieb einmal sehr treffend: „Er [Franz von Sales] hat keine anderen Gebete, er hegt keine anderen Wünsche, er schmiedet keine anderen Pläne, er hat kein anderes Erziehungsprogramm als nur das Streben nach dem Wohlgefallen Gottes.“6 Seine berühmte „Krise von Paris“ gab ihm dazu den entscheidenden Impuls.7
Selbst noch unerfahrener Student wurde er damals, 1588, hineingezogen in die leidigen Diskussionen der Vorherbestimmung, die durch den Reformator Jean Calvin (1509-1564) ausgelöst wurden. Franz kam zur Überzeugung, dass Gott ihn verdammt habe. Egal was er tut, egal wie er sein Leben gestalten, egal ob er seine Schwächen bekämpfen, seine Gebete pflegen und die Gebote Gottes halten wird, seine Bestimmung, die Gott ihm zugedacht habe, ist die Verdammnis der Hölle.
Diese Erkenntnis eines unerbittlichen Gottes, der selbstherrlich und rücksichtslos in seiner Macht bestimmt, wer die Herrlichkeit des Paradieses genießen und wer in der Verdammung der Gottferne dahinvegetieren wird müssen, erschütterte Franz von Sales so sehr, dass er sogar körperlich krank wurde. Die Erlösung kam, als er sich in dieser dramatischen Zeit, am Beginn des Jahres 1589, in eine Kirche flüchtete und dort vor einer Marienstatue zu seinem persönlichen Gottesbild fand. Die Lösung seines Problems war dabei denkbar einfach und es ist sehr gut nachzuvollziehen, dass es ihm wie Schuppen von den Augen fiel und er endlich von einer Sekunde auf die andere klar sehen konnte. Es geht nicht um mich und mein Wohl, so seine Erkenntnis, es geht ausschließlich um Gott und seinen Willen.
Also: Egal, zu welchem Ziel mich Gott bestimmt hat, ob er mich in der Hölle oder im Paradies sehen will, egal ob ich einmal verdammt oder verherrlicht werde, das ist völlig gleichgültig, Hauptsache Gottes Wille geschehe, im Himmel genauso wie auf Erden. Es ist die Getsemani-Stunde des jungen Franz von Sales: „Wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille“ (Mt 26,42). Nur noch eine einzige persönliche Bitte hatte Franz: „Wenn ich verdientermaßen ein Verdammter unter Verdammten sein muss, die dein überaus gütiges Angesicht nicht schauen werden, dann gewähre mir wenigstens, dass ich nicht einer von denen sei, die deinem heiligen Namen fluchen.“8
Es ist also völlig egal, was mit mir geschieht, Gottes Wille soll geschehen, weil dieser Wille das beste ist, was mir passieren kann, weil dieser Wille seine Liebe ist, die alles überblickt, alles im Griff hat, wo unser kleiner menschlicher Verstand überhaupt nicht mehr mitkommt. Etienne-Jean Lajeunie meint dazu: „Die Hauptsache ist damit geschafft; die reine Liebe ist geboren, und allsogleich nimmt die Krise ihr Ende.“9
Von diesem Tag an ist Franz von Sales der „Lehrer der Liebe“, zu dem er 1877 vom seligen Papst Pius IX. dann auch kirchenamtlich erklärt wurde.10
1616 veröffentlicht er sein theologisches Gesamtkonzept dieser göttlichen Liebe. Über zehn Jahre lang arbeitete er an dieser „Abhandlung über die Gottesliebe“11 oder auch „Theotimus“ genannt. Noch bevor er an sein pädagogischen Konzept der „Philothea“ dachte, befasste er sich bereits mit einer Theologie der Gottesliebe.12
Die Geburtsstunde des „Theotimus“ geht in das Jahr 1589 zurück, als er von seiner großen Glaubenskrise befreit wurde, in dem sein Gottesbild des selbstgerechten Richtergottes in einen über alles liebenden Gott umgewandelt wurde, der – egal, was auch immer geschieht – das Beste für den Menschen will, von allem Anfang an und zu allen Zeiten und in Ewigkeit. Nichts, nicht einmal die Erfahrung größten Leids, ob Pest, Krieg, Krankheit, Tod, wird Franz von Sales von diesem Bild des liebenden Gottes bis zu seinem eigenen Tod 1622 abbringen.13
Wenn er keine Erklärung für das Handeln Gottes in dieser Welt hat, dann fügt er sich in dessen Größe. Lassen wir Gott seine Größe, und diese Größe ist seine Unbegreiflichkeit. „Die Beweggründe der göttlichen Vorsehung wären sehr armselig,“ schreibt er im „Theotimus“, „könnten wir kleinen Geister sie einsehen; sie wären weniger anziehend in ihrer Anmut und weniger wunderbar in ihrer Majestät, wären sie weniger entfernt von unserer Fassungskraft.“14
Daraus folgert er: „Darum meint ja auch der hl. Augustinus, dass zwar die Beweggründe des göttlichen Willens höchst wahr sind, jedoch unser Erkennen und Begreifen so sehr übersteigen, dass wir darüber nichts Sicheres aussagen können, außer auf Grund einer Offenbarung Gottes selbst, der alles weiß. Da aber die Kenntnis dieser Geheimnisse für unser Heil nicht zuträglich wäre, im Gegenteil ihre Unkenntnis uns nützlicher ist, um uns in der Demut und Unterwerfung zu erhalten, deshalb wollte Gott sie auch nicht offenbaren. Selbst der heilige Apostel Paulus wagte nicht, darüber zu forschen, sondern bezeugte die Unzulänglichkeit unserer Erkenntniskraft, da er ausrief: ‚O Tiefe der Reichtümer der Weisheit und Wissenschaft Gottes!’ (Röm 11,33).“15
Und: Es ist gefährlich sich zu sehr und zu nahe mit diesen unbegreiflichen Plänen Gottes zu befassen. Wir könnten uns gleich Schmetterlingen, die um die Flamme schwirren, sehr leicht die Flügel verbrennen: „Niemals dürfen wir unserem Verstand erlauben, in ehrfurchtsloser Neugierde die Flamme göttlicher Ratschlüsse zu umflattern. Gleich kleinen Schmetterlingen würden wir uns nur die Flügel verbrennen und im Feuer dieser heiligen Flamme zugrunde gehen.“16
Alles, was wir wissen und glauben müssen, ist die Tatsache, dass dieser Gott ein Gott der Liebe ist, und ein liebender Gott wird eben alles, was er tut, deshalb tun, damit es für uns Menschen zum Besten gereicht. Wenn wir sein Handeln nicht verstehen, dann liegt das nicht an der göttlichen Liebe, sondern an unserem menschlichen Unwissen. Nach seiner Krise hatte also Franz von Sales nur noch ein einziges Ziel: Allen Menschen von diesem Gott der Liebe zu berichten und sie dazu anzuregen, Gottes Liebe zu folgen. Die Liebe Gottes ist der Grund allen Lebens und das Ziel, auf dem alles Leben hinstrebt.17

Jede Pädagogik, die sich Franz von Sales zum Vorbild nimmt, hat dieses Grundprinzip zu bedenken: Gott ist die Liebe, diese Liebe ist unser Fundament und unser Ziel. Ganz wichtig gerade für die Erziehung ist, dass damit dem Menschen keine Lasten und Bürden aufgelegt werden, dass es nicht um einen Tyrannengott geht, der mit dem Menschen seine Machtspiele treibt, sondern dieses Fundament und dieses Ziel deshalb besteht, weil es das Beste für den Menschen ist, weil es „Leben in Fülle“ (Joh 10,10) bedeutet. Es geht also nicht um das „Du musst“ und „Du sollst“ und „Du darfst“, sondern um das Ja zu einem Gott, der mich liebt, so als wäre ich der einzige Mensch auf der Welt.

„Wie ergreifend ist doch dieser Gedanke,“ schreibt Franz von Sales, „Gott dachte in seiner Güte an dich, er liebte dich und verschaffte dir so viele Mittel zum Heil, als gäbe es sonst keine Seele auf dieser Welt, an die er dächte. Wie die Sonne deshalb einem Platz der Erde nicht weniger Licht spendet, wenn sie ihre Strahlen gleichzeitig auch an andere sendet, so hat der Heiland aller seiner Kinder gedacht und für sie gesorgt. Er hat an jeden von uns gedacht, als ob er sich um alle anderen nicht kümmerte. ‚Er hat mich geliebt’, sagt der hl. Paulus, ‚und hat sich für mich hingegeben’ (Gal 2,20), als wollte er sagen: für mich allein, als hätte er es nicht gleichzeitig für alle getan. Das musst du deiner Seele tief einprägen, um deine Entschlüsse zu lieben und zu stärken, denn sie sind dem Herzen deines Heilands so teuer.“18


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