Den will ich hier mitteilen.
Den einen Satz, den ich rot markiere ist mir besonders wichtig.
God´s Servant
Vorgestern. Heißes Wetter. Auf dem Weg zum Bahnhof treffe ich einen Mann mittleren Alters, der aus einem fernen Land zu uns gekommen ist. Mit einer Mission. Um ihr Gewicht zu verleihen, trägt er in praller Sonne einen Anzug mit Weste.
Er reicht mir einen Flyer, offensichtlich selbst verfasst, selbst getippt, selbst kopiert, selbst gefaltet, selbst verteilt. (Kein Name von Mensch, Gemeinde, Verein oder ähnlichem wird darauf genannt. Nicht einmal ein Verantwortlicher im Sinne des Presserechtes. Nennen wir unsern Mann also “God´s Servant” – denn so unterschreibt er – und seinen Dienst “Me and myself-Ministry”.) Kein Grafiker hat sich an diesem Flyer vergriffen, keine Farbe oder Illustration stört die Aufnahme der Botschaft. Keine deutsche Übersetzung schwächt die Sprachgewalt von King James: “And thou shalt be surely blessed!”
Die Überschrift:
FOUR MESSAGES
DIRECTLY RECEIVED FROM GOD FOR EVERYBODY: REGARDLESS OF RACE, COLOR, RELIGION OR CREED, FORTUNE OR RANK
“Thou art the man, Haso”, sage ich mir. “Everybody” – das bin auch ich. Also lese ich. Message No. 1 lautet: “Jesus is coming soon.” Das stimmte schon vor zweitausend Jahren (Offenbarung 3,11). Es stimmt immer noch. Ich lasse mich gern daran erinnern.
Message No. 2: “Stop praying to Mary!” Als evangelischer Christ weiß ich nicht recht, wie ich mit etwas aufhören soll, womit ich nie angefangen habe. Es folgen einige heftige Worte und die Nachricht, der Verfasser habe seine Message durch Mittelsmänner dem Papst ausrichten lassen. “Unfortunately things remain unchanged.”
Message No. 3: “On Friday July 3rd, 1981, in a supernatural voice that filled the whole universe, the Almighty God to me spoke these two words: ISAIAH 58. Though five of us were on our knees that evening, only I heard that loud and extraordinary voice …”
ISAIAH 58 – das kann laut God´s Servant nur bedeuten, den Sabbat zu halten und nicht den Sonntag, den siebten Tag der Woche und nicht den ersten. Wenn Haso zu den Christen gehören würde, die “einen Tag für höher halten als den andern”, wäre das für mich ein Thema. Da ich aber zu denen gehöre, “die alle Tage für gleich halten” (Römer 14,5), scheint es mir keinen Unterschied zu machen, ob ich den Sabbat oder den Sonntag nicht bevorzuge. Weiter lese ich dazu bei Paulus: “Jeder aber sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt!” Das bin ich. Und da auch ich nicht die “supernatural voice that filled the whole universe” gehört habe, sehe ich keinen Änderungsbedarf.
Message No. 4: “Before there can be peace on earth, all heads of families and all governors of nations must practice my law and teach others to observe my commandments.” Gewarnt werden anschließend diejenigen, die nur den Glauben an Jesus predigen und nicht den Gehorsam gegen Gottes Gesetz. “Are you lost or saved?” Haso is definitely saved. Ich glaube an Jesus. Ich bin nicht überzeugt, dies sei zu wenig. Im Gegenteil. Außerdem liebe ich meinen Nächsten. Und “wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt” (Römer 13,8).
Der Schluss: “N.B. Kings, Queens, Presidents, Heads of families and all other leaders: please do as the Lord Jesus commanded you. For He is coming soon. Obey His voice! And thou shalt be surely blessed!”
Ich glaube nicht, dass viele Könige, Königinnen und Präsidenten mit mir unseren Bahnhofsvorplatz betreten haben. Aber ich spüre eine traurige Liebe zu God´s Servant. Er nimmt viel auf sich. Er ist sicher aufrichtig. Aber er ist von auffälliger Irrelevanz. Und er unterscheidet sich nicht allzu sehr von manchen anderen christlichen Aktivitäten, die diese Irrelevanz nur zur Unauffälligkeit verfeinert haben.
Wenn Jesus wiederkommt, wird er sicher God´s Servant in den Arm nehmen und ihm liebevoll sagen: “Das hast du aber gut gemeint.” Meinem Stadtteil hat God´s Servant wohl nicht helfen können.
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