Freitag, 4. Juni 2010

Sollen wir jetzt weiter sündigen teil 2

Hasos Römer 7


Romans VII: The new man

Abgelegt unter: RomansVII — Haso @ 6:39


Seit einiger Zeit begleiten wir Mister “Ich” durch Römer 7,14-25 (heute übrigens die viertletzte Folge). Mister “Ich” ist ein Christ, der von einer Niederlage zur anderen geht. Er schafft es nicht, seine guten Vorsätze einzuhalten. Ständig hat er das Gefühl, er solle und brauche “mehr”: mehr Disziplin, mehr Hingabe, mehr Gebet, mehr Bibellesen, mehr evangelistischen Eifer, mehr Herzenserforschung, mehr Mitarbeit, mehr soziales Engagement, mehr Fair Trade, mehr Intimität mit Jesus, mehr Verzicht, mehr Stille, mehr Einsatz, mehr Glauben, mehr Kreuz, mehr Selbstverleugnung, mehr Liebe, mehr, mehr, mehr … Dann wäre er ein guter Christ.


Gott sieht das anders:


Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade. (Römer 6,14)


Gott meint: (1) Mister “Ich” ist bereits ein guter Christ, denn es gibt keine anderen Christen als gute. (2) Mister “Ich” muss von all diesen gutgemeinten Pflichten erlöst und befreit werden. Er braucht nicht “mehr”, sondern “gar nichts” von all diesen Pflichten. Erst wenn er erkennt, wie bedingungslos Gott ihn liebt und für ihn ist, wird er aus dem Kreislauf der Niederlagen heraustreten.


Woher zieht Gott diese Zuversicht? Zunächst einmal ist festzuhalten: Gott ist schon etwas länger im Job als wir. Gott hatte genug Zeit, herauszufinden, wohin ein Leben religiöser Verpflichtung führt. Er macht sich darüber nicht mehr die Illusionen, die wir uns gelegentlich darüber machen. (Um genau zu sein, er hat sich diese Illusionen nie gemacht.) Die Langzeitstudie “Alter Bund” (Forschungsthema: Wie verhalten sich Menschen unter der Bedingung religiöser Verpflichtung?) hat ein eindeutiges Resultat ergeben: “Sie sind nicht geblieben in meinem Bund.” Religiöse Verpflichtung wird nie verändern.


Deshalb sagte Gott sich: “Wenn die Menschen es nicht schaffen, ihr Herz zu verändern, dann mache ich das selbst.” Gott verlässt sich nicht mehr auf das, was Menschen tun können. Gott verlässt sich auf das, was er selbst in ihnen tut. Und so gilt seit Jesus ein “Neuer Bund”. Wenn ein Mensch an Jesus glaubt, geschieht viel mehr, als dass er nur an Jesus glaubt. In seinem innersten Wesen findet ein übernatürlicher Eingriff statt. Gott schafft ihn neu (2.Korinther 5,17).


Ich werde mein Gesetz (meinen Willen) in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben” (Jeremia 31,33; Hebräer 8,10).


Und ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in sie geben” (Hesekiel 11,19).


Gott ist zuversichtlich für Mister “Ich”, weil er weiß, was er in Mister “Ich” bereits installiert hat. Damit dieses “Neue” zum Tragen kommt, muss jetzt nur noch eins geschehen: Mister “Ich” muss das Gesetz und alle religiösen Lasten weit hinter sich lassen.


Denn auch wenn Mister “Ich” ein neuer Mensch geworden ist, lebt er noch “im Fleisch”. Wie sein Leben praktisch aussehen wird, hängt davon ab, auf welcher Ebene er in Zukunft angesprochen wird. Wenn ihm fromme Pflichten auferlegt werden, wird an seine Entschlossenheit, seinen Gehorsam, seine Hingabe, seine Disziplin, seinen Willen appelliert - also an sein “Fleisch”. Dann geht er von einer Niederlage zur anderen. (Oder wenn er ein sehr disziplinierter Mensch ist, der das alles schafft, geht er von einer Selbstgerechtigkeit zur anderen.)


Die Erfahrung bedingungsloser Liebe hingegen erweckt und stärkt das innere Leben von Mister “Ich”. Gnade ist nie ein Appell an das Fleisch. Gnade ist tödlich für das Fleisch. (Für alle, die sich fragen, wo hier die Selbstverleugnung bleibt: es gibt keine größere Selbstverleugnung als den Entschluss, sich lieben zu lassen, ohne es verdient zu haben.) Gnade ist das Lebensmittel für den Geist.


Gott weiß: Wenn seine Liebe immer wieder neu das Herz von Mister “Ich” erreicht (besonders dann, wenn er wieder “versagt” hat), wird Mister “Ich”s Leben sich unaufhaltsam verändern (nicht über Nacht, nicht ohne Rückfälle, aber unaufhaltsam).


Am meisten Veränderung wird bei dem geschehen, der erlebt: Gott liebt mich und ist total für mich, auch wenn ich mich überhaupt nicht verändere. Wahre “Heiligung” findet auf diesem paradoxen Weg statt.







Mein Eintrag für heute ist nicht fertig geworden. Macht nichts. Morgen ist auch noch ein Tag. Ich unterliege als Blogschreiber ebenso wenig einer gesetzlichen Verpflichtung wie Mister “Ich” als Christ.


Dass eine solche Verpflichtung schadet, bestätigt übrigens Eugen Roth, der in vier Zeilen das frühere Schicksal von Mister “Ich” trefflich auf den Punkt gebracht hat:


Ein Mensch sagt - und ist stolz darauf -

er geh in seinen Pflichten auf.

Bald aber, nicht mehr ganz so munter,

geht er in seinen Pflichten unter.


Doch die Freiheit hat gewiss schon begonnen, Mister “Ich” wieder nach oben zu bringen.



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