Freitag, 18. Juni 2010

In der Gegenwart Gottes leben

Ich habe einen Artikel gefunden aus dem Wörnersberger Anker.



Ankertext Nr. 38

Feuer, das von innen brennt


Günther Schaible

Zur Zeit begegnen mir viele Christen und Mitarbeiter, die sehr offen darüber reden, dass sie innerlich leer und ausgebrannt sind. Sie sind über den vielen Aufgaben, Anstrengungen und auch Krisen müde geworden. Manchmal geben sie es offen zu, dass sie resignieren. Dann begegnen mir wieder Christen und Mitarbeiter, die zwar auch Schwierigkeiten haben, die aber mit viel Schwung und Dynamik sich engagieren. In ihrem Alltag ist Freude drin, und sie haben eine mehr oder weniger große Ausstrahlungskraft.


Oft sind diese Christen in Gruppen und Gemeinschaften, die ebenfalls ausstrahlen, man kann sagen, dass bei diesen Christen und diesen christlichen Gruppen ein geistliches Feuer da ist, das von innen brennt.


Ich habe dieses Thema „Feuer, das von innen brennt“ vor Jahren bei Henry J. Nouwen als Buchtitel entdeckt (Herder Verlag). Mir scheint dieses Thema heute noch wichtiger zu sein als damals, denn viel Lähmung und Müdigkeit, viel Resignation findet man vor allem bei Christen und christlichen Gemeinschaften, die schon länger im Glauben stehen.

Meine Frage ist, wie kann es praktisch geschehen – bei mir und bei den verschiedenen Christen und Mitarbeitern – dass das Feuer der Liebe Jesu, das Feuer des Evangeliums in uns und durch uns wieder zum Brennen kommt, so dass es uns erwärmt (und begeistert) und dass dieses geistliche Feuer auch andere in unserer Umgebung und darüber hinaus erfasst.


Jesus hat einmal gesagt, dass er gekommen ist, ein Feuer auf Erden anzuzünden und dass es ihm am liebsten wäre, wenn es schon brennen würde (Lk.12,49). Im Buch Jesaja wird gesagt, dass der Knecht Gottes (Jes. 42) nicht gekommen ist, den vielleicht nur

noch glimmenden Docht vollends zum Erlöschen zu bringen, sondern dass er daran interessiert ist, dass das Licht wieder zum Brennen kommt. Wie kann dieses Licht, dieses Feuer in uns brennen und zum Leuchten kommen?


Wie kann dieses Feuer in mir, durch mich zur Flamme werden und auf andere ausstrahlen, so dass andere dadurch entzündet werden? Und welches ist das rechte „Brennmaterial“ dafür? Ich möchte da von mir ausgehen, von meiner geistlichen Lebenspraxis und von der Erfahrung, die ich mit mir und auch mit vielen, vor allem jungen Menschen, gemacht habe. Ich möchte dafür sechs Wege vorschlagen, die man gehen kann. Dabei ist es wichtig, dass ich diese Wege nicht nur theoretisch kenne und sie weiß – denn ich sage hier bestimmt nichts Neues -,sondern dass ich diese Wege immer wieder selbst neu gehe.


Geistliches Leben muss ich kennen lernen, einüben, und dann in meinem Lebensalltag praktizieren. Nur so wird dieses Feuer von innen entfacht und dann zum Brennen gelangen. Denn Feuer, das nicht geschürt wird, wird nicht lange brennen.

1. Weg: Sich Zeit nehmen, um eine Liebesbeziehung zu Gott zu pflegen

Das größte Wunder des Glaubens ist, dass der dreieinige Gott sich nicht zu gut ist, mit uns Menschen eine Liebesbeziehung einzugehen und das er diese Beziehung pflegen möchte (Joh. 3,16). Der Mensch wird von Gott so hoch geachtet, dass er zu einem Du für Gott wird. Gott liebt den Menschen so, dass er sich um jeden einzelnen kümmert und sein Leben entfalten möchte.


Und der Mensch nimmt diese Liebe an und lässt sie dankbar gelten. Zu einer wirklichen Liebesbeziehung, die auf Gegenseitigkeit beruht, kommt es aber erst dann, wenn der Mensch auch Gott gegenüber seine Liebe erklärt: „Ich lieb dich, Herr, keiner ist wie du, anbetend neigt sich mein Herz dir zu ...“


Bei einer intakten Liebesbeziehung ist es immer so, dass Freude freigesetzt und Leben entfaltet wird. Dass Hoffnung und Kreativität entwickelt wird und dass Liebe an andere weitergegeben wird. Das geschieht auch bei der Liebesbeziehung zwischen dem lebendigen Gott und uns.

So möchte ich mir jeden Tag Zeit nehmen, um diese Liebe zu meinem Herrn zu pflegen. Täglich 10, 20 oder 30 Minuten mich hinsetzen und mich in die bergenden Arme des himmlischen Vaters flüchten und seine Liebe genießen. Im schweigenden Gebet vor ihm anwesend zu sein, ausruhen in ihm und ihn anbeten. So darf ich mich neu ausfüllen lassen durch seine Liebe. Dann habe ich genug für mich und meinen Lebensalltag, ich habe genug Liebe für die Umstände und Menschen, denen ich begegne, dann wird Römer 5,5 zu einer praktischen Realität: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde“.


2. Weg: Meine Lasten abgeben

Es gehört viel Demut dazu, die Lasten, Probleme, Schwierigkeiten, den Ärger und Frust, die Verletzungen herzugeben und unter dem Kreuz abzuladen. Für mich ist es logisch: Wenn ich und mein ganzes Leben Jesus Christus gehören, dann gehören meine Sorgen, Probleme auch ihm; dann soll er sie auch haben und immer wieder neu erhalten, damit er darüber verfügen kann. Damit er mit seiner Kraft und Hilfe etwas Gutes daraus machen kann. Jesus soll doch nicht umsonst gesagt haben: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“ (Matt. 11,28). Ich praktiziere dieses Abladen so, dass ich so ca. einmal pro Woche mir Zeit nehme und mir meine Lasten erst einmal bewusst mache, sie für Gott aufschreibe und ihm so (schriftlich) abgebe. „Aufatmen und frei sein“ – diese Worte Jesu sollen Worte meines Lebensstiles sein.



3. Weg: Ich möchte ein Leben voll Heiligen Geistes führen

Paulus schreibt über das Geheimnis des Glaubens in Kol. 21, 22 ff, dass Christus in uns Wohnung genommen hat, und dass er (Paulus) in der Kraft Jesu Christi sein Leben führen und seinen Dienst tun möchte. Wenn Christus in mir anwesend ist, dann ist auch der Vater und der Heilige Geist in mir anwesend.


Diese drei Personen der Gottheit gehören zusammen, deshalb kann der Apostel in Eph. 5,18 uns auch ermahnen, damit wir voll Heiligen Geistes werden. Und so möchte ich immer wieder neu darum bitten, dass ich voll Heiligen Geistes bin (Lk. 11,13), damit auch in aller Schwachheit und Angefochtenheit (2. Kor. 12,9) die Gegenwart und die Kraft Jesu in mir anwesend ist. Ich nehme dann im Glauben an, dass Jesus durch seinen Heiligen Geist in mir Wohnung genommen hat und freue mich über die Gegenwart des Herrn in

meinem Leben.

Bei unseren Morgenandachten im Wörnersberger Anker sagen wir am Schluss zusammen den Satz: „Und wohin wir gehen, dahin kommt nun auch der Herr!“. Mit diesem Bewusstsein möchte ich in meinen Alltag gehen und handeln, und unser Herr ist in allen Lebenslagen anwesend. Unser Herr ist in uns Menschen mit seiner Kraft und Hilfe bei uns und möchte durch uns hindurch wirken.


4. Weg: Mit Gott im Dialog sein

Wir anerkennen den Satz, dass Gott reden kann, dochpraktizieren wir diese Wahrheit nur in wenigen Situationen unseres Lebens. Doch unser Herr möchte inunserem Alltag mit uns reden und uns leiten und führen:im Beruf und in der Nachbarschaft, im Haushalt und inder Gemeinde usw..


In Joh. 10,27 sagt Jesus: „Meine Schafe hören meine Stimme ...“ – das heißt, das wir es lernen können, auf die Stimme des guten Hirten in unserem Alltag zu hören. Lernen wir doch den Dialog mit Gott im Alltag zu führen, legen wir doch Gott unsere Fragen vor, unsere Probleme, unsere Termine, unsere Ratlosigkeiten, Menschen mit denen wir zusammen sind ... – und fragen Gott um seine Meinung, um seine Weisung, um seine Gedanken, seine Erkenntnisse. Bleiben wir im betenden Hören über diesen Dingen und erwarten, dass Gott zu uns auf die unterschiedlichste Art und Weise redet. Das Christsein wird einfacher und interessanter, wenn unser Herr uns in unserem Alltag anreden darf und wir im Dialog mit ihm sind.


5. Weg: Lernen, sich vom Wort Gottes recht zu ernähren

Viele Christen leiden unter geistlicher Unterernährung. Sie kennen noch nicht die rechte geistliche Nahrung oder sie ernähren sich noch nicht richtig damit. Das Wort Gottes ist die rechte „geistliche Speise“ für unser christliches Leben (Jer. 15,16 und andere Stellen). Deshalb ist es wichtig, dass wir nach und nach lernen, dass dieses Wort zur geistlichen Nahrung für unser Leben wird.


Wie kann das geschehen? Einmal dadurch, das wir ein persönliches Bibelstudium für uns entwickeln, damit wir uns mit der Bibel besser auskennen. Doch das andere ist mir ebenso wichtig, dass wir lernen, ein bestimmtes Wort Gottes, eine Verheißung, ein Bibelwort in unser Leben mit hineinzunehmen und es zu meditieren. Ein Wort Gottes ins Leben hereinnehmen und es 8 Tage oder besser noch mehrere Wochen lang immer wieder wiederholen. Kreisend es zu umdenken, es zu meditieren. Dieses Wort wird dann nach und nach vom Kopf in unser Herz rutschen und in uns lebendig werden. Es wird Farbe bekommen, mich bereichern, zu mir reden, an mir handeln und es wird dann zu einer beglückenden geistlichen Speise werden. Wir werden entdecken, dass Jesus selber in uns reden und zu handeln beginnt.

So kann man auch einer bestimmen Problemsituation des Alltags eine für die Situation passende Verheißung der Bibel entgegensetzen. Man wird mit der Zeit erstaunt feststellen, dass das Wort Gottes eine Kraft ist, die zu enormen Auswirkungen fähig ist.


6. Weg: Beten heißt, mit Gott im Alltag wirken

So hat J. Christian Oetinger Gebet beschrieben: „Wenn wir uns bewusst gemacht haben, dass Gott im Alltag anwesend ist und wir mit seiner Gegenwart rechnen, dann gehören wir nicht mehr zu dem grauen Heer der Resignierten“. Mit „Immanuel“ „Gott ist mit uns“ kann jetzt der Alltag ganz anders gestaltet werden. - Da werden es Zeichen der Liebe sein, die wir jetzt sehr kreativ und sehr konkret an bestimmte Menschen weitergeben können. - Da werden wir in Jesu Namen mithelfen, dass Freude und Humor verbreitet wird und das sich das Betriebsklima zum Frieden hin verändert.


- Dann werden wir nicht mehr von unseren müden Gruppen, Mitarbeiterteams und Hauskreisen reden, sondern davon, dass diese christliche Gruppe Gott gehört und dass wir erwarten, dass Gott hilft und die Dinge verändert. - Wir werden für uns und für andere Menschen, Gottes Gaben erbitten und sie empfangen und diese Gaben Gottes auch an andere Menschen weitergeben. - Wir werden den Segen Gottes und die Liebe Gottes auf unsere Familien und unsere Kinder legen, auf unsere Nachbarn und Freunde, auf die Arbeitskollegen und die Menschen in unserer Gemeinde. - Wir werden uns engagieren und Verantwortung übernehmen für bestimmte Aufgaben und in der Gemeinde und Gesellschaft und hierin Gottes Gegenwart zur Auswirkung kommen lassen.


Ströme lebendigen Wassers werden von uns ausgehen (Joh. 7,38) – manchmal so, dass wir es gar nicht merken, weil wir uns so schwach fühlen. Und manchmal werden wir erstaunt feststellen, dass Zeichen und Wunder in unserer Umgebung geschehen – und das trotz unserer Schwachheit. Und das Feuer der Liebe Gottes werden wir am Brennen erhalten, indem wir uns immer wieder neu seiner göttlichen Liebe und seiner Gegenwart aussetzen und von dieser Liebesbeziehung, von dieser Quelle der Kraft Gottes her unser Leben gestalten.


Günther Schaible, leitet gemeinsam mit seiner Frau den

Wörnersberger Anker



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